Landwirtschaftliche Betriebe

Ökologische Wende auf dem Acker

Von Katja Reichgardt · 2024

Landwirtschaft ist unabdingbar, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, gleichzeitig aber auch einer der größten Treiber der Klimakrise. Allein im Jahr 2023 war die deutsche Agrarwirtschaft für insgesamt 52,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich. Die moderne Landwirtschaft setzt deshalb auf innovative Ideen, um ihrer Verantwortung für Tiere, Menschen und Umwelt gerecht zu werden. Damit die ökologische Wende gelingen kann, bedarf es aber auch Förderungen seitens der Politik.

Nachhaltige Landwirtschaft und grüne Stromproduktion  lassen sich gut verknüpfen.
Nachhaltige Landwirtschaft und grüne Stromproduktion lassen sich gut verknüpfen. Foto: iStock / Jenson

Starkregen, Dammbrüche, Überschwemmungen: Immer wieder zeigen Hochwasser-Katastrophen, welche verheerenden Auswirkungen der Klimawandel auch in Deutschland haben kann. Einen wichtigen Faktor beim Kampf gegen die Klimakrise stellt die Landwirtschaft dar. Immerhin wird knapp die Hälfte der Fläche Deutschlands landwirtschaftlich genutzt – und genau dort entstehen jedes Jahr mehr als sieben Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen.

Den Hauptanteil der Emissionen im Landwirtschaftssektor machen mit knapp 65 Prozent die Methan-Emissionen aus, die etwa bei Verdauungsprozessen von Tieren entstehen. Ein Grund mehr, den Status quo der Landwirtschaft zu hinterfragen. Dieser wird auch aus anderen Aspekten kritisch gesehen. Tierschutzorganisationen fordern eine Einschränkung der industrialisierten Tierhaltung – für mehr Tierwohl und weniger Emissionen. Aktuell ist die Tierhaltung weltweit noch für 19 Prozent aller ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich. Und in kaum einem Land werden so viel Milch und Fleisch produziert wie in Deutschland.

Sinkender Fleischkonsum

Auch wenn sich der sinkende Fleischkonsum der Deutschen – 2017 verzehrte jede Person noch 60 Kilogramm pro Kopf, 2022 waren es 52 Kilogramm – auf die Produktionszahlen auswirkt: Ein Ende der industriellen Tierhaltung ist noch nicht in Sicht. Und noch verursacht der bundesdeutsche Verbrauch von tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Wurst und Käse rund 70 Prozent der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen. Um die Landwirtschaft dennoch den Ansprüchen der Zeit anzupassen und nachhaltiger zu gestalten, versuchen sich Unternehmen und Landwirte an modernen Technologien und der Entwicklung nachhaltiger Verfahren, mit denen sowohl Umwelt und Tieren als auch den Landwirten Rechnung getragen werden soll.

Landwirtschaftliche Betriebe: Innovationen auf dem Acker

Um die wachsende Weltbevölkerung ernähren zu können, ohne das Klima zu belasten, bedarf es neuer Ansätze. Ideen, wie sich Natur und Landwirtschaft besser vereinbaren lassen, gibt es einige. Eine davon heißt Agri-Photovoltaik. Dabei sorgen auf Äckern installierte Solaranlagen in Hitzephasen einerseits für mehr Schatten, senken dadurch den Wasserverbrauch für Gemüse und Pflanzen und bieten den Landwirten andererseits neue Einnahmequellen. In der Agri-Photovoltaik steckt laut Experten großes Potenzial: Um den kompletten Strombedarf Deutschlands abzudecken, müssten beispielsweise nur rund vier Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Solaranlagen ausgestattet werden. Kein Wunder also, dass sich 72,4 Prozent der Landwirte den Einsatz von Agri-Photovoltaik für ihren Betrieb vorstellen können. Das ergab eine Studie der Universität Göttingen und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE aus diesem Frühjahr. 

Ökologischer Landbau

Auch Ökolandbau kann einen Betrag zu weniger CO2-Emissionen in der Tierhaltung und Landwirtschaft leisten. Die Produktion gesunder Lebensmittel und die Erhaltung artenreicher Lebensräume stehen dabei im Mittelpunkt. Die Regierung hat im Koalitionsvertrag den Ausbau des Ökolandbaus auf 30 Prozent bis 2030 festgelegt. Um diesen noch effizienter zu gestalten, setzen viele Betriebe längst auf digitale Lösungen. So werden mittels GPS-Kameratechnik Unkräuter genau lokalisiert, sodass gekoppelte Feldspritzen nur dort ihre Düsen öffnen. Selbstfahrende Feldroboter nutzen die Technik, um Ackerwildkräuter gezielt entfernen zu können. Und Drohnen wiederum kommen zum Einsatz, wenn es darum geht, Unkrautnester und von Schädlingen befallene Pflanzen zu orten. Die fortschreitende Technologisierung könnte also auch die von Klimaschutzverbänden geforderte Regulierung des Pestizideinsatzes vorantreiben. Der gilt nicht nur als Gefahr für Bestäuber, Böden und Gewässer, sondern auch für die menschliche Gesundheit. 

Und auch in deutschen Ställen hat die Digitalisierung längst Einzug gehalten. Vital-Halsbänder informieren Landwirte per App über den Gesundheitszustand ihrer Tiere, automatisierte Fütterungsanlagen sorgen dafür, dass alle Tiere die für sie berechnete Fütterungsmenge bekommen. Das vom Bund beschlossene Klimaschutzprogramm sieht zudem eine stärkere Verwendung von Biogasanlagen und die Reduzierung des Tierbestandes sowie einen Umbau der Nutztierhaltung vor. Auch dadurch sollen die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft in den kommenden Jahren um 15 Prozent verringert werden.

Passende Infrastruktur schaffen

Der Einsatz digitaler Technologien könnte diese ökologische Wende nach vorne bringen, scheitert aber noch zu oft an den hohen Investitionskosten und bürokratischen Hürden. So gaben die befragten Landwirte der Fraunhofer-Studie zur Agri-Photovoltaik an, der bürokratische Aufwand und die als undurchsichtig empfundenen rechtlichen Rahmenbedingungen hätten sie bislang von einem Einsatz der Technik abgehalten.

Wissenschaftler fordern deshalb eine frühe Einbindung der Betriebe in Innovationsprozesse. Damit auch Kleinbäuerinnen und -bauern von den umweltschonenden Verfahren profitieren können, benötigen sie zudem die entsprechende Infrastruktur. Dazu gehört eine flächendeckende Internetversorgung ebenso wie der Zugang zu digitaler Technik. Außerdem bedarf es vielerorts einer Umweltbewertung digitaler Technologien, damit man sicherstellen kann, dass sich ihr Einsatz tatsächlich für Umwelt und Landwirte lohnt. Noch gibt es auf dem Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft also einiges zu tun, die ersten Schritte aber sind gemacht.

Infobox

Beim Ökolandbau stehen die  Produktion gesunder Lebens- mittel und die Erhaltung  artenreicher Lebensräume im Mittelpunkt.

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