Extremwetter

Hightech und Klimawandel

Von Michael Gneuss · 2018

Die steigende Weltbevölkerung fordert den Agrarsektor heraus. Landwirte kämpfen vermehrt gegen Wetterextreme – auch in Deutschland. Häufigere Dürren und zunehmender Starkregen erhöhen das Risiko von Ernteausfällen. Um dennoch weitere Produktivitätsfortschritte erzielen zu können, wird verstärkt in die Digitalisierung investiert.

Frisches Gemüse an Marktständen, Thema: Extremwetter
Die Ernte von Obst und Gemüse wird angesichts der Wetterextreme für Landwirte immer unberechenbarer.

Obst und Gemüse, Fleisch
 und Milchprodukte, das
 alles soll bio sein; fair produziert, regional und ökologisch nachhaltig und natürlich sollen die Tiere ein angenehmes Leben haben. So zumindest wünschen es sich die Verbraucher. Das käme auch dem Planeten zugute. Denn pro Hektar Anbaufläche fallen beim Bio-Landbau weniger Treibhausgasemissionen an. Zudem wird weniger Wasser verbraucht. Doch es gibt auch eine Kehrseite: Der Ertrag ist
 geringer. 

Die Landwirtschaft steht jedoch weltweit unter Druck. Immer mehr landwirtschaftliche Erzeugnisse müssen produziert werden, denn die Zahl der Menschen auf diesem Planeten wächst immer weiter. Gibt es heute gut sieben Milliarden Erdenbürger, werden es bis 2050 schon fast zehn Milliarden sein. Bereits jetzt leiden nach Angaben 
der Welthungerhilfe weltweit 815 Millionen Menschen an chronischem
 Hunger – ihnen stehen weniger als 1.800
 Kilokalorien pro Tag zur Verfügung.
 Zum Vergleich: Jeder Deutsche kann im Schnitt täglich mehr als 3.500 Kilokalorien zu sich nehmen. 

Agrarprodukte immer begehrter

Die globale Nachfrage nach Agrarprodukten wird in den kommenden drei Jahrzehnten noch einmal um etwa 50 Prozent zunehmen. Das hängt nicht nur mit der wachsenden Weltbevölkerung zu
sammen, sondern auch mit dem steigenden Wohlstand. In Schwellenländern
 können sich immer mehr Menschen
 ressourcenintensivere Produkte wie Fleisch und Käse leisten. Zudem steigt die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die nicht als
Nahrungsmittel verzehrt werden: So werden beispielsweise Zuckerrohr oder Palmöl zur Herstellung von Biokraftstoffen genutzt, Mais wird zu Biogas verwertet. 

Extremwetter nehmen zu

Dem Nachfragewachstum stehen die Herausforderungen, denen die Landwirtschaft durch den Klimawadel ausgesetzt ist, ge
genüber. Auch in Deutsch
land bekommen die Bauern
vermehrt extreme Wetterbedingungen zu spüren. Seit dem Jahr 1901 haben die Dürren hierzulande
stetig zugenommen. Und
 nach den Modellrechnungen der Klimaforscher ist
künftig mit noch mehr
heißen Tagen und Hitzeperioden zu rechnen.

„Wir haben in den vergangenen Jahren eine Häufung klimatologischer Rekorde erlebt, die sich in der Summe nur mit dem Klimawandel erklären lassen. Damit nehmen auch Extremereignisse zu“, erklärt Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes. Den vermehrten Dürreperioden stehen häufiger Unwetter und Starkregen gegenüber, die ebenfalls ein Problem für die Landwirtschaft darstellen. Allein in den zwei Wochen zwischen Ende Mai
 und Anfang Juni 2018 wurden mehr als 3.000 Unwetterwarnungen herausgegeben – 
eine bislang unerreichte Zahl.

Für Bauern ergeben sich daraus vielfältige Problemfelder. Hitze und Trockenheit schaden nicht nur dem Getreide. Auch selbstproduziertes Futter wird knapper. Milde Winter und häufigerer Kahlfrost setzen den Böden zu. Außerdem profitieren Schädlinge und Unkräuter von den milderen Temperaturen im Winter. Immer wärmere Frühjahre lassen die Obstbäume und Weinreben dagegen früher erblühen – kommt dann noch einmal ein Wintereinbruch, erfrieren die Blüten.

Hoffnungsträger Digitalisierung

Die Landwirtschaft wird in dieser Gemengelage zur Höchstleistung ge
trieben. Sie muss die Qualität steigern und die Erträge maximieren. Dies erfordert Know-how in den
unterschiedlichsten

 Bereichen. Längst ist der Landwirt dabei auch zum Betriebswirt und zum Ingenieur geworden. Höfe müssen mit kaufmännischer Exzellenz geführt werden. Immer stärker kommt es darauf an, mit den richtigen finanziellen Instrumenten den diversen Risiken vorzubeugen. Von der eigenen Energieversorgung bis zur Organisation des Bürobetriebs muss darüber hinaus höchst effizient gewirtschaf
tet werden.

Und es
 gilt zu investieren: Die Indus
trie bietet moderne und digitale Agrartechnik an,
 die nicht nur Kapital, sondern auch 
technische Expertise in der Anwendung erfordern. Smart und Precision
Farming, Drohnen und ferngesteuerte Landmaschinen, vor allem aber die Nutzung von Klima- und Wetterdaten durch Big Data gelten als Wundermittel im Kampf gegen den Klimawandel und für höhere Erträge. Die Digitalisierung 
ist damit auch zum Hoffnungs
träger der Landwirtschaft in Zeiten wachsender Herausforderungen
 geworden. Laut dem aktuellen Situ
ationsbericht des Deutschen Bauernverbandes wurde 2016 in Deutschland Landtechnik im Wert von 5,1 Milliar
den Euro verkauft. Für das vergangene
 Jahr werden die Ausgaben sogar auf 7,6 Milliarden Euro geschätzt.

Den Fokus der gegenwärtigen technologischen Entwicklung hat der Verband
 in der Vernetzung von Arbeitsprozessen mittels elektronischer
 Steuerung und dem Einsatz von Datenmanagementsystemen ausgemacht. Dass die deutsche Landwirtschaft es
 versteht, aus solchen Investitionen
 Vorteile zu erzeugen, zeigt diese Zahl:
 Gemessen an der Bruttowertschöpfung 
je Erwerbstätigen hat der Sektor in 
Deutschland seine Produktivität in den
vergangenen 20 Jahren um 61 Prozent
 gesteigert – das ist mehr als die deutsche
 Wirtschaft insgesamt. Dort stieg die Produktivität nur um 43 Prozent. 

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